Heilpraktikerin

Einführung


Wir wissen, dass es wichtig für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist, ausreichend Wasser zu trinken. Im Alter lässt das Durstgefühl nach und auch andere physiologische Veränderungen führen zu Dehydrierung.


Es geht also nicht um Vergesslichkeit, sondern wirklich auch um die körperlichen Veränderungen, die dafür sorgen, dass ältere Menschen durch Dehydrierung eher gefährdet sind als jüngere. Wissenschaftler haben mit Studien einige der körperlichen Mechanismen belegen können.


Körperliche Mechanismen


Unser Körper versucht ständig, die Körpertemperatur konstant zu halten. Bei Sport oder heißen Temperaturen wird die Durchblutung in der Haut verstärkt, damit über das Blut Wärme an die Umgebung abgegeben werden kann. Außerdem schwitzen wir, damit die Verdunstung dem Körper Wärme entzieht. Wie in Studien herausgefunden wurde, ist dieser Mechanismus bei älteren Menschen gestört. Ihr Körper versucht nicht, sich an höhere Temperaturen oder Sport anzupassen, um eine weitere Dehydrierung zu verhindern.


Das mangelnde Durstgefühl geht zumindest teilweise auf Veränderungen im Gehirn zurück. Eine Region namens Lamina terminalis steuert unseren Durst. Bei höherem Alter scheinen die Neuronen in dieser Region weniger empfindlich auf Anzeichen von Dehydrierung zu reagieren, stellte eine Studie 2013 fest.


Mit zunehmendem Alter verlieren wir etwa 5 bis 10 Prozent des Wassers in unserem Körper, wir verwelken sozusagen ein bisschen. Das macht uns insgesamt anfälliger für Dehydrierung, weil wir weniger Wasserreserven haben.


Ältere Menschen nehmen häufiger Medikamente ein, insbesondere Diuretika (entwässernde Medikamente) gegen Bluthochdruck und andere Herzkrankheiten, einige Antihistaminika (gegen Allergien), Abführmittel oder Psychopharmaka. Diese Medikamente können die Urinausscheidung erhöhen bzw. den Wasserhaushalt über verschiedene Faktoren negativ beeinflussen, was die Dehydrierung verstärkt. Es lohnt sich also ein Blick auf die Medikation unter diesem Gesichtspunkt.


Ein großes Thema im Alter ist Inkontinenz und Nykturie (nächtliches Wasserlassen), ebenso wie Prostatavergrößerungen. In Kombination mit eingeschränkter Beweglichkeit und Angst vor Stürzen trinken Senioren – und nicht nur die – weniger, um weniger oft auf die Toilette zu müssen. Laut Studien nimmt die Blasenkapazität und die Muskulatur von Beckenboden und Schließmuskeln ab. Außerdem verändern sich auch die Hormone, die die Urinproduktion beeinflussen. ADH (antidiuretisches Hormon) bzw. Vasopressin kann durch Nierenschwäche verringert werden, so dass es zu verstärktem Urinieren und damit Flüssigkeitsverlust kommt. Alkohol kann dies verstärken, da Alkohol ADH ebenfalls verringert und es zu einem verstärkten Flüssigkeitsverlust kommt. Wer schon mal einen über den Durst getrunken hat, weiß, dass wir dann öfter auf die Toilette müssen und am Morgen danach sehr durstig sind.


Hyperglykämie, also erhöhter Blutzucker bei Diabetes, kann zu einer Vermehrung des Harnvolumens führen. Also auch hier greift der Teufelskreis aus Toilettengängen und Gefahr der Dehydrierung. (1)


Folgen der Dehydrierung (im Alter)


Gerade in Senioren- und Pflegeheimen ist Dehydrierung ein großes Problem, weil die alten Menschen nicht selbst zum Wasserglas greifen (können), während durch Personalmangel oft zu wenig Unterstützung da ist. Aber auch Senioren, die noch zu Hause leben, können durch mangelndes Durstgefühl und nachlassende geistige Kapazitäten dehydrieren.


Bereits ein geringer Flüssigkeitsmangel von 1-2 % der Körpermasse kann klinische Symptome verursachen. Ab 2 % treten körperliche Leistungseinschränkungen auf, die von kognitiven Beeinträchtigungen (Verwirrung, Demenz-Schübe) bis zu Funktionsstörungen einzelner Organe führen können. Ab einem Mangel von 20 % besteht Lebensgefahr. Eine chronische Dehydrierung verringert die Lebenszeit und macht anfällig für Infektionen, da auch das Immunsystem und die Schleimhäute auf einen intakten Wasserhaushalt angewiesen sind. Etwa 17 % von Patienten, die wegen Dehydrierung in die Klinik kommen, überleben den Wassermangel nicht. (2)


Wie können Senioren hydriert bleiben?


Am einfachsten ist es, zwei volle Wasserflaschen hinzustellen, die bis zum späten Nachmittag ausgetrunken sein sollten. Bei bettlägerigen oder hilfebedürftigen Senioren können diese bei Bedarf in Gläser (ggf. Schnabelbecher) gefüllt werden. Auch hier hilft es, das „richtige“ Wasser zu trinken, also Wasser aus artesischen Quellen oder Heilwässer, da diese besser schmecken und das Trinken leichter fällt. Wir können verschiedene Wässer anbieten und probieren lassen, um das für diesen Menschen richtige Wasser zu finden. So manch einer trinkt auf einmal gerne mehr und staunt, welchen Unterschied das macht.


Senioren, die selbstständig leben und ansonsten fit sind, können die Farbe ihres Urins kontrollieren. Er sollte hell, leicht gelblich und fast durchsichtig sein, dann ist die Hydrierung optimal. Wenn der Urin dunkler ist, sollte mehr getrunken werden. Dieser Indikator ist viel wichtiger als das eingeschränkte Durstgefühl.


Du kannst im Ratgeber Trinken auch unser Trink-Protokoll herunterladen, so dass du oder dein Patient/Familienangehöriger abhaken können, wieviel er getrunken hat. Das gibt auch ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und Erfolgserleben.


Das Wasser muss über den Tag verteilt werden, eventuell kannst du einen Timer einstellen. Es hilft, zwei Stunden vor dem Schlafen gehen nichts mehr zu trinken, um nächtliches Wasserlassen zu minimieren. Morgens ist es dagegen hilfreich, den Tag mit einem großen Glas Wasser zu beginnen, um den nächtlichen Wassermangel auszugleichen. Es hilft, sich mal in Ruhe mit einem älteren Menschen über die Trinkgewohnheiten zu unterhalten. Meine 90-jährige Mutter erklärte mir stolz, sie habe morgens schon einen Kaffee getrunken und damit ihr morgendliches Soll erfüllt. Dass Kaffee die Dehydrierung verstärkt, war ihr überhaupt nicht bewusst. Du kannst auch Zettel mit netten Erinnerungen oder Bildern hinlegen, die die Erinnerung unterstützen.


Ganz allgemein verstärken koffeinhaltige Getränke den Wasserverlust, weil sie harntreibend wirken. Auch hier kann ein Gespräch und das Bewusstsein dafür Abhilfe schaffen.


Zitrone oder Ingwer im Wasser können für Abwechslung sorgen. Vorsicht mit künstlichen Aromen, die ihrerseits chemische Bestandteile enthalten, die gerade fürs Gehirn nicht gut sind. Künstliche Süßstoffe gelten ihrerseits als gesundheitsschädlich.


Wasser kann man auch essen, in Form von Gemüse und Obst. Hier liegt das Wasser in strukturierter Form gebunden vor und kann vom Körper gut aufgenommen werden. Etwa 20 – 30 % unserer Wasseraufnahme kann über diese Lebensmittel erfolgen. Hier kannst du nachlesen, welche Obst- und Gemüsesorten viel Wasser enthalten.


Gerade ältere Menschen sollten bei wärmeren Temperaturen nur moderate Sport- und Bewegungseinheiten absolvieren. Dabei unbedingt auf ausreichende Flüssigkeits- und Mineralienaufnahme achten.


Wir als Angehörige sollten auf die Anzeichen von Dehydrierung achten. Oder bei Beschwerden, Schwindel, Desorientierung und Verwirrtheit an Wassermangel denken. Der Unterschied ist oft gravierend und ein Glas Wasser kann den Unterschied machen. Wenn sich die Symptome nicht bessern, sollte ein Arzt hinzugezogen werden, da Dehydrierung lebensbedrohlich sein kann.


Fazit


Gerade ältere Menschen sind auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr angewiesen. Aus eigenem Erleben mit meiner Mutter staune ich immer wieder, wie viel Unterschied es macht. Klarheit und geistige Präsenz nehmen zu, Husten oder trockene Augen und Schleimhäute verbessern sich.


Bei Nieren- oder Herzproblemen darf nicht zu viel getrunken werden, hier ist die Rücksprache mit dem Arzt wichtig, um die optimale Flüssigkeitsmenge herauszufinden und durch Obst und Gemüse zu ergänzen.


Mit dem Wissen, dass es biologische Ursachen für mangelndes Durstgefühl gibt, können wir einfühlsam und verständnisvoll nach Lösungen suchen. Ältere Menschen lassen sich nicht gern bevormunden. Liebevoll und mit Humor geht es leichter, gerade wenn sie verstanden haben, dass sie nichts falsch gemacht haben.

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